Alltag an der Mason-Dixon Linie
Obwohl ich viele internationale Grenzen überquert habe, fanden die meisten meiner Grenzübertrittserfahrungen an einer Binnengrenze statt. Die Grenze, die ich am häufigsten überquert habe, befindet sich zwischen Maryland und Pennsylvania in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es gibt keine Grenzkontrollen, es sind keine Papiere nötig und es gibt kaum Grenzmarkierungen. Als ich jünger war, reiste meine Familie nach Pennsylvania, um meine Großmutter zu besuchen. Wir lebten südlich der Grenze und sie nördlich davon. Als ich später bei meiner Großmutter lebte, musste ich diese überqueren, um zur Arbeit zu gehen, Freunde zu besuchen oder einzukaufen.
Da die Überquerung weder stressig noch ereignisreich ist, sind meine Assoziationen dieser recht banal. Ich denke hauptsächlich an die zwanzig- bis dreißigminütige Fahrt zwischen meiner Heimatstadt Westminster und der Stadt meiner Großmutter, Littlestown. Ich verbinde die Maryland-Seite der Grenze mit günstigeren Lebensmitteln und niedrigeren Benzinpreisen. Daher fahre ich häufig nach Maryland, um einzukaufen und zu tanken.
Obwohl diese Grenze nur einen geringen Einfluss auf mein Leben hat, war sie in der Vergangenheit bedeutend. Im kolonialen Amerika wurde die „Mason-Dixon-Linie“ zwischen 1763 und 1767 vermessen, um einen Grenzstreit zwischen Maryland, Pennsylvania und Delaware beizulegen.

Der Teil südlich von Pennsylvania markierte später die Grenze zwischen den Süd- und Nordstaaten, vor allem mit Bezug auf die Sklaverei, die im Süden bis zum Ende des Amerikanischen Bürgerkrieges 1865 praktiziert wurde. Wenn es flüchtende Sklaven über die Mason-Dixon-Linie in den Norden schafften, erhöhten sich ihre Chancen auf Freiheit erheblich. Im Süden existierte ein Netzwerk von Menschen, die versklavten Menschen bei der Flucht über die Grenze halfen. Allerdings wurde erst mit dem Civil Rights Act 1964 die Segregation aufgehoben. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff „Mason-Dixon-Linie“ verwendet, um die gesamte Grenze zwischen Staaten mit und ohne Versklavung zu beschreiben.
Er wird immer noch im übertragenen Sinne verwendet, um anhaltende kulturelle, politische und soziale Unterschiede zwischen dem „Norden“ und dem „Süden“ (welcher oft nach der Linie als „Dixie bezeichnet wird) zu verorten. Obwohl es sich um eine Trennlinie zwischen Freistaat und Sklavenstaat handelte, gingen Diskriminierung und Rassismus immer über diese Grenze hinaus. In den nördlichen Bundesstaaten gab es auch rassistische und diskriminierende Gesetze, und selbst heute ist es nicht schwer, in ländlichen Teilen des Nordens eine Flagge der Konföderierten hoch gehisst zu finden.
Joseph Kappes 28 Jahre
