Wärme durch Wehmut
Thurnau als Zufluchtsort für “Heimatvertriebene“
Während und nach dem zweiten Weltkrieg ist Thurnau eine Zuflucht für viele vertriebene Menschen aus östlichen Gebieten. Während des Krieges war Thurnau Anziehungspunkt, weil es außerhalb der von Luftangriffen übersäten Gebiete lag.
Im Nordflügel des Schlosses selbst waren Geflüchtete aus Schlesien angesiedelt, unter ihnen der Pianist Kempff. Die Reste eines schwerheizenden Ofens rechts im Raum sind ein Überbleibsel. An diesem Ofen, der aus den schlesischen Besitzungen der Familie Giech stammte, wärmte man sich mehr durch Wehmut, als Heizwärme.
Die Zuwanderungsbewegungen führten zu einem deutlichen Anstieg der Gesamtbevölkerung von 3591 (1939) vor dem Krieg auf über 5000 im Jahr 1950. Das stellte die Verantwortlichen vor logistische Herausforderungen mit Blick auf die Unterbringung und Versorgung der Menschen. Das Schloss selbst dient für viele Menschen als zeitweiliges Dach über dem Kopf, aber auch Gasthäuser und Schulsäle wurden zweckentfremdet. Geflüchtete fanden aber auch Quartier bei einheimischen Familien.
Zu den Versorgungsschwierigkeiten kommt die zwischenmenschliche Herausforderung der Konfrontation mit neuen Lebensrealitäten und Weltsichten. In Thurnau kam es durch die Zuwanderung der „Heimatvertriebenen“ erstmalig zu wirklicher konfessioneller Durchmischung, die schlussendlich die Einweihung der katholischen Kirche am 30. August 1948 zur Folge hatte.
Referenzen
Literatur:
Es geht wieder aufwärts. Ersch. in: Markt Thurnau (Hrsg.): Thurnau 1239-1989. Bayreuth, 1989. S.71-82.
Autoren: Robin Jacob, Karla Pfitzinger
