Auslöschpoesie
Die Auslöschung vorgefundenen Textes als Mittel zur Selbstreflexion, Kulturkritik und das Schaffen neuer Werke ist eine Technik, die wir während der Vorbereitung der Ausstellung benutzt haben. Die Methode zum Erstellen eines eigenen gelöschten (oder geschwärzten) Gedichts ist einfach:
i) Nehmen Sie einen Text Ihrer Wahl. Wählen Sie etwas aus, das Ihre Fantasie anregt, auch wenn Sie nicht erklären können warum. Hören Sie auf, es erklären zu wollen! Wählen Sie einfach einen wissenschaftlichen Bericht, eine Zeitung, eine Packung Milch. Wählen Sie einfach einen Text aus.
ii) Lesen Sie den Text, während Sie Ihren analytischen Verstand aktiv davon abhalten, Informationen zu extrahieren. Denken Sie daran, wir versuchen nicht zu verstehen; wir tun es ja bereits. Stattdessen wollen wir uns selbst reflektieren und in einen möglichst direkten Dialog mit dem Text kommen.
iii) Nehmen Sie einen schwarzen Marker und beginnen Sie beim erneuten Lesen Ihres Textes damit, die Wörter zu löschen, welche die dem Text innewohnende Musikalität stören.
iv) Während Sie sich von Wort zu Wort bewegen und sich auf die Wortmelodie in Ihrem Kopf konzentrieren, beginnen Sie, inhärente „Bedeutungszusammenhänge“ zwischen den von Ihnen gewählten Wörtern zu finden. Behalten Sie nur diese. So viele oder so wenige, wie Sie möchten.
v) Voilá, Sie haben gerade Auslöschpoesie erstellt, indem Sie einen gefundenen Text gelöscht haben. Der Text besteht nun aus Wörtern mit inhärenter Musikalität und einer impliziten oder expliziten „Bedeutung“, in freiem Vers: ein Gedicht.
Spiegeln Sie sich darin und verzweifeln.
In diesem Raum haben wir für Sie eine kleine Auswahl unserer eigenen Auslöschpoesie zusammengestellt. Als gefundenen Text haben wir uns für die Konferenz des Völkerbundes von 1925 entschieden, auf der die Verwendung von Reisepässen in ihrer jetzigen Form formalisiert und umgesetzt wurde. Unsere eigenen Reflexionen und Selbstreflexionen waren vielfältig: Einige von uns sahen nur sich selbst, andere fanden Humor und einige schafften sogar einen Blick in die Poetik trockener Dokumente. Viel Spaß!